Niedersächsische Herbstausstellung 2004 in Hannover

Eine mehrteilige Serie über und mit Arbeiten, die aus dem Rahmen fallen - Teil 1: CLAP

Hannover: Die niedersächsische Herbstausstellung 2004 findet in drei verschiedenen Räumen statt. Faust, ein alternatives Kulturzentrum. Kesselhaus, eine sehr ansehnliche Galerie und dem ehrwürdigen und sehr schönen Kunstverein Hannover.

40 Positionen wurden unter knapp 350 Einsendungen ausgewählt, auf dass die Produzenten auf eigene Kosten die einjurierten Exponate zeigen, auf dass sie die Möglichkeit beim Schopf packen, dass zur Eröffnung aufmarschierende Publikum zu interessieren, Neugier zu wecken, zu überzeugen. Dass dies immer schwierig ist, zeigt uns jeder Automobilsalon, in dem nur die größten, stärksten oder originellsten Aufmerksamkeit erheischen. Dagegen leises, bescheidenes übersehen wird. Dabei ist dem Publikum kein Vorwurf zu machen, denn seit Jahrtausenden hat uns Geschrei, Gezeter aus Überlebensdrang entweder angelockt oder abgestoßen.

Aber auch den Künstlern darf man es nicht verübeln, wenn sie in der Flut von Kollegen auffallen wollen, ja müssen, denn pathetisch ausgedrückt ist es doch ihr Leben, was an die Wand genagelt wird, was im Raum steht wie Pik 7 oder Herz Ass. So findet man mit Recht selten Schuldige und es bleibt einem nichts anderes übrig als es hinzunehmen und dem Großen zu misstrauen und dem Kleinen einen Vorschuss zu gewähren.

Gehen wir dafür in unserer 10 teiligen Serie in den mächtigsten Raum des Kunstvereins Hannover und zu der kleinsten Arbeit. CLAP - clube de arte Porto.

Auf dem Boden eine kaum 30cm hohe Stoffahne,/ clube de arte Porto, umgeben von 50 kleinen Kärtchen, darauf zwei sitzende, nach oben schauende Kinder, darüber ein orangefarbener Text: Entschuldigen Sie uns, aber wurde ihnen schon einmal der Himmel versprochen? Zur Linken ein rotes Gäste – und Begleitbuch. Bleibt man bei der Eröf-

fnung ein wenig auf Distanz, kann man die Menschen in ihrer Reaktion beobachten. Die meisten längst überfordert von den zahlreichen Positionen schweben nur noch vorbei, ein kleiner Blick von oben - erfasst und weiter geht Alice im Wunderland.

Andere lesen die autonome Eröffnungsrede, die an der Wand klebt. Ein paar wenige gehen zu Boden, nehmen sich ein Kärtchen und werfen einen Blick in das Buch. Sie lächeln, sie freuen sich offenbar oder sind nur verlegen. Während die Rushhour im Kunstverein sich in die Bar verlegt hat, werfe ich nochmals einen Blick auf die Fahne. Sie hat offenbar eine Freundin gefunden, denn neben ihr sitzt auf dem Boden eine Frau und scheint das ganze Begleitbuch lesen zu wollen.

Der CLAP, so geht aus einer seiner Meldungen hervor, wird erst eine Woche später den eigenen Anfang finden, eigene Projekte eröffnen, sozusagen halbautonom. Innerhalb eines von Seiten des Verantwortlichen Daniel Schürer sehr kurz gehaltenen Interviews, will der CLAP Forschungsstätte und Gastgeber werden, er will sich jede Woche verändern und daraus Erfahrungen ziehen, die aus dessen Sicht hier an diesem Ort, zu diesem Anlass, weit über dem Anbringen eines Festbildes stehen. Offensichtlich strebt die Leitung auch nicht einen Ankauf durch die landeseigene Ankaufs-Kommission an, denn wer kauft schon etwas, was sich im Wandel befindet und dann auch noch heute, in der eine Gesellschaft mit aller Kraft Veränderungenauf eine Bank schieben will, die so lang ist, wie das deutsche Autobahnnetz. Nein, so wird man nicht aufgenommen in die Welt der regionalen Kunstfürsten, so bleibt man ein Außenstehender, ein Wilder, ein Unberechenbarer und für diese wird der Lohn karg sein, zumindest heute und ganz sicher in Hannover.

Niedersächsische Herbstausstellung 2004

www.kunstverein-hannover.de 17.09.2004 – 9.11.2004

Sophienstr. 2 D - 30159 Hannover T.S./Hamburg